Liebes Tagebuch,

Heute wider besseren Wissens wieder mal Mainstream gelesen.

Dabei ein déjà-vu-Erlebnis gehabt: Erinnerungen aus den frühen 1990ern aus dem Informatikstudium zur "Künstlichen Intelligenz".

Kenneth Rogoff in der FTD von heute: "Vergesst die Krisenstimmung. Künstliche Intelligenz wird im neuen Jahrzehnt die Wirtschaft retten." 88|

Nachgedacht: Kenneth Rogoff? Ja, das war doch der Ex-Schach-Spezi, Ex-Yalie, Ex-MIT´ler, Ex-IWF-Chefökonom und (aktueller) Harvard-Prof und System-apologetischer Vielschreiber der von-wem-auch-immer-gesponsorten und völlig intransparenten "NGO" Project Syndicate.

Weiter nachgedacht: Ja, dort dürfen doch auch so große Denker mit so klarem Krisenursachen-Erkenntnis-Horizont wie Joseph Stiglitz oder auch "Uns-Josef" Fischer als "Thought Leader" auftreten und bekommen die für ihre Massen-Verdummung so wichtige Bühne. Wenn sie nicht gerade unter dem Label der "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" oder unter "European Council of Foreign Relations" blubbern.

Noch weiter nachgedacht: Ja, der Rogoff ist ein alter und tief System-vernetzter "shoulder-rubber" - erst vorgestern hatte ich den doch zuletzt einschlägig im Blog erwähnt .

Und nun also DAS aus diesem berufenen Munde (FTD von heute, S. 22):
"Vergesst die Krisenstimmung. Künstliche Intelligenz wird im neuen Jahrzehnt die Wirtschaft retten. ... Was wird im neuen Jahrzehnt die große Antriebskraft des globalen Wachstums sein? Ich wette, dass in Jahrzehnt werden, in dem die künstliche Intelligenz die 'Fluchtgeschwindigkeit' erreicht und anfängt, wirtschaftliche Folgen zu zeigen. ... Ich teile nicht die Auffassung vieler anderer, dass nach dem Internet und dem PC eine lange Wartezeit bis zur nächsten unsere Paradigmen verschiebenden Innovation folgt. KI wird uns den Auftrieb geben..."

Wieder nachgedacht. "KI als Wunderwaffe"? Wie einst 1944 die V2?

Nachgeblättert im fast 20 Jahre alten Uni-Archiv aus dem Informatikstudienjahr in Kalifornien: Eigene Uni-Projektarbeit von 1993 gefunden.

Beim Lesen gemerkt: Unsere Euphorie bzgl. KI (= "AI" / "artificial intelligence") war damals schon ebenso hoch wie heute bei Rogoff:
"Neural networks will rapidly 'infiltrate' everyday life. … Neural networks will allow us to explore new realms of human capability..."

=> Selbstkritisches Eingeständnis: Mann, haben wir uns geirrt! Fast keine Versprechung (Verheißung) wurde bis heute von der AI-Technik eingelöst. Dabei war die AI damals schon fast 50 Jahre in der Entwicklung:
"3. History of Neural Networks / 3.1 The early Years: Beyond the fundamental definition, neural nets are surrounded by mystery and myths. One popular myth is that neural nets are a new development. ... It is therefore generally accepted that neural computing started in 1943 with the publication of a startling results by McGulloch and Pitts. "

Immerhin hatten wir -wie anno 2010 nun auch Rogoff- 1993 ebenfalls schon den Finanzmarkt als Anwendungsgebiet im Visier. Und dort mit dem Spezialgebiet "Konkursrisiko" noch dazu ein 2008ff höchst aktuelles:
"Neural net systems are most effectively applied in finance ... assessing of lending and bankruptcy risk ... pattern recognition may involve incomplete or noisy data. We can outline potential applications of artificial neural network systems to problems faced by financial managers, financial institutions and professional investors."

:!: => Na, wer sagt es denn: Alles schon Jahrzehnte lang vorgedacht, was der Rogoff uns 2010 als "Problemlösung" präsentiert. Dumm nur: NICHTS davon hat bis heute funktioniert. :!:

=> Wer wollte daher AUSGERECHNET HEUTE noch mehr "Künstliche Intelligenz" zum Einsatz bringen: nach dem Desaster des automatisiert und Computer-gestützt abgelaufenen Stop-loss-Kaskadencrashs von 1987, nach dem Debakel der hoch-automatisierten LTCM-Computerprogramme von 1998 und nach dem System-gefährdenden Crash seit 2008 trotz Einsatz höchst komplexer und ausgefeilter Bonitätsmodelle der Ratingagenturen für toxische CDO-Pakete??

=> Wer also? Keiner! Außer den komplett modell-verrückten Volkswirtschaftlern von heute (also fast allen). Und natürlich außer Kenneth Rogoff!
=> Es ist kein Zufall, dass die klugen Macher von Star Trek die Handlung und den KI-Androiden Data ins 24. Jahrhundert verlegt haben. Das 21. Jahrhundert ist jedenfalls noch nicht reif für die KI-Ideen des Kenneth Android ("Data") Rogoff!

Weiter nachgedacht: Irgendwie PASST "Künstliche Intelligenz" doch zur "Künstlichen Welt" unserer heutigen ökonomischen "Matrix" , die uns die System-Apologeten und der Mainstream jeden Tag neu propagandistisch zeichnen und glaubhaft machen wollen.

Kritische KI-IT-Systeme also zur Beherrschung systemkritischer Bankenrisiken? Hm - dabei ist doch das einzig kritische vieler Mainstream-VWL-Profs und Mainstream-IWF´ler und Mainstream-Journalisten heutzutage ihr Geisteszustand
. [frei nach V. Pispers] .

Aber Hauptsache die Propaganda stimmt: Nach Rogoff werden die "Zehner" kein Flop. "Vorausgesetzt, dass es zu keinen weiteren Finanzkrisen kommt [und] ... solange die Politiker dem neuen Paradigma des Handels und der künstlichen Intelligenz nicht im Wege stehen."

Tja Herr Rogoff: Sie haben soeben "Schach" gesagt (mit diesem Artikel, der übrigens -ganz schach- und modelltheoretisch- "Entscheidung am Brett" überschrieben ist). Sie werden sich mit einer solch absurden KI-Theorie aber SELBST "Matt" setzen. Denn im Gegensatz zu den unumstößlichen Regeln des Schachs, in dem KI tatsächlich erfolgversprechend angewandt werden kann und wird, haben wir es in der Ökonomie seit 1913 bzw. seit 1971 mit einem GANZ anderen Umfeld zu tun: Ständige Regelbrüche, ständige menschliche und manipulative Eingriffe auf den Märkten, die anders als im Schachspiel (bei dem es im Rahmen der KI-Rechentiefe immer DEN ein-eindeutig besten Zug gibt) per definition nie optimale Lösungen, sondern systemisch-regelmäßig immer häufiger nur Misallokationen von Ressourcen und Kapital zulassen.

Vergessen wir also jede Idee, KI zur Bewältigung der Krise erfolgreich einzusetzen! Been there, done that. :!: Das erforderliche berechenbare Umfeld mit klaren Parametern und festen, objektiven Wert-Maßstäben gibt es seit 19131971 nicht mehr. Gestorben mit der Aufgabe des Goldstandards. Erst wenn dieser in einer nicht allzu fernen Zukunft wieder herrscht, werden die Märkte wieder reif für eine objektive (und vielleicht sogar maschinell unterstützte) Analyse sein. Allerdings wird man diese dann kaum noch brauchen. Das schöne am natürlichen Marktzustand mit stabilem und freiem Geld ohne den Zwang des “gesetzlichen Zahlungsmittels” ist, dass jeder fähige Unternehmer seinen BusinessCase und seine Aktivitäten alleine mit gesundem, rationalen und unverbildeten Menschenverstand erfolgreich umsetzen kann!

PS:
"Und nicht vergessen: Die Matrix ist Realität." [Gerhard Wisnewski im Nachwort seines neuen Buches "Verheimlicht vertuscht vergessen: was 2009 nicht in der Zeitung stand" ]

"When a well-packaged web of lies has been sold gradually to the masses over generations, the truth seems utterly preposterous and its speaker a raving lunatic." [Donald James (1931-2008) ]

PPS: Hinweis in eigener Sache
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Vortrags-Veranstaltung der Deutschen Edelmetall-Gesellschaft e.V.:
Wir bringen für Sie mit James Turk einen der weltführenden Edelmetall-Experten und vielfachen Artikel- und Buchautoren nach München!
James wird am 28.1.2010 als Hauptreferent des Abends sprechen über das Thema:
"How much higher will the gold price rise?".
Peter Boehringer wird ebenfalls kurz referieren. James und ich werden natürlich den Fokus des Abends nicht NUR auf (Gold)Preisprognosen legen, sondern umfassendere Analysen anstellen.
Kommen Sie zahlreich zu diesem "Must attend"-Event, den wir Ihnen sogar kostenfrei offerieren! Vorträge in englischer Sprache.
Alle Details finden Sie unter http://www.goldseiten.de/content/seminare/details/deg-100128.pdf .

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