Bevor ich wieder mit Emails und Leserbriefen von abiotischen Ölfans bombardiert werde, nehmen wir lieber gleich und proaktiv zu diesem aktuellen Artikel zur abiotischen Ölentstehung Stellung. Siehe Anmerkungen unten (Originaltext ist kursiv gesetzt).

Öl und Gas aus dem Erdmantel? vom 28.07.2009 , www.heise.de

Forscher zeigen, dass Erdöl und -gas sich theoretisch auch aus anorganischen Zutaten im Erdmantel bilden könnten. Unerschöpfliche Reservoirs dann gar nicht fossiler Brennstoffe wären damit denkbar.

=> Anm.: Soweit die Theorie. Die gibt es seit fast 60 Jahren. Vermutlich stimmt sie - obwohl der Beweis auch mit diesem Artikel nicht erbracht ist. Ich weise aber wie in allen Veröffentlichungen zu Öl auch diesmal wieder darauf hin, dass sich Peak Oil und die abiotische Ölentstehung NICHT (!) ausschließen. *) Der Begriff "unerschöpfliche Reservoirs" ist leider sehr relativ und nur bedingt Ölpreis- und praxisrelevant.

Vergessen wir doch einmal kurz die traurigen Szenarien, die das baldige Ende von Erdöl und später auch Erdgas vorhersagen.
=> "Das Ende" sagt ja auch fast keiner voraus. Nur das Peak der Förderung. Was heißt schon "traurig": Realisten sind mal lustig und mal traurig. Je nach Faktenlage. Ohne klare Faktenlage gibt es auch keine Motivation zur Lösung der Probleme.

... Die Wahrheit, erster Teil, wird im Schulunterricht gelehrt: Abgestorbene Meeresorganismen wurden als Teil einer Sedimentschicht unter Sauerstoffausschluss hohen Drücken und Temperaturen ausgesetzt. Die langkettigen Kohlenwasserstoffe, aus denen sie bestehen, werden dadurch zu kurzkettigen Formen gecrackt. Die sammeln sich an undurchlässigen Gesteinsschichten – und bilden mit der Zeit ausgedehnte Lagerstätten. Die Wahrheit, Teil 2, wird von den meisten Forschern derzeit als pseudowissenschaftlich abgetan. Sie war lange Zeit vor allem in der russischen Wissenschaft verbreitet und vermutet, dass die Kohlenwasserstoffe in Erdöl und –gas aus anorganischen Bausteinen entstanden sein könnte, irgendwo im Erdmantel, und dann nach oben wanderten.
=> Doch, auch die abiotische Lehre ist seit 60 Jahren bekannt. Dass sie keinen Einzug in die Schulbücher findet, hat(te) keine Erkenntnisgründe, sondern es war politisch nicht opportun, der Öllobby ihre Profite abzusprechen.

Das hauptsächliche Argument gegen diese These besteht darin, dass alle bisher gefundenen Brennstoffe sich fossiler Entstehung zuordnen ließen. Allerdings spricht das nicht dagegen, dass zumindest ein Teil der Vorräte aus dem Erdinneren stammen könnte. Dass dort auf nichtbiologischem Wege Methan entstehen kann, hatten Forscher schon früher nachgewiesen. Fraglich war bisher allerdings, ob dort auch die Bedingungen für die Entstehung von Ethan (einem weiteren Hauptbestandteil von Erdgas) und höheren Kohlenwasserstoffen existieren. Dafür haben nun drei russische Forscher der amerikanischen Carnegie Institution for Science den Beweis angetreten. Ihre Ergebnisse veröffentlicht das Fachmagazin Nature Geoscience vorab online. ... Einen kompletten Beweis für eine mögliche Entstehung "fossiler" Brennstoffe im Erdinneren haben die Forscher damit allerdings noch nicht erbracht. Zunächst wäre zum Beispiel zu klären, ob es möglich ist, dass die Kohlenwasserstoffe auf ihrem Weg in die Erdkruste stabil bleiben und nicht zu Kohlendioxid oxidieren.
=> So ist das! Selbst die besten Ölbohrer der Welt kommen heute bis max. (!) 10km unter die Erdoberfläche. Darunter wird es einfach zu teuer - und da beginnt sogar das Förder-Equipment zu schmelzen... Das sich (vielleicht) im "oberen" Erdmantel abiotisch bildende Öl müsste also erst einmal unbeschadet den Weg durch 60-150km Gestein hin zu Tiefen finden, die dem Menschen zugänglich sind. Und dort dann auch noch mit einer Rate größer ca. 83mbpd (=aktuelle Förderrate der Welt) die bekannten Reservoirs auffüllen. DIESEN Beweis bleiben ALLE Abiotiker schuldig. Auch die nun von den russischen Wissenschaftlern der Carnegie Institution for Science gefundenen interessanten Erkenntnisse sind in KEINER Weise "PeakOil"-relevant. Die Decline-Raten der wichtigsten Ölförderfelder sind weiterhin überall erschreckend hoch - und nur die Depressions-bedingt tiefe Ölnachfrage hält derzeit den Ölpreis noch relativ weit unten. Details hierzu lesen Sie bitte nach unter "Exponentielles Wachstum = Exponentielle Ignoranz" http://www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=9440 . Eben erst kam zB eine aktualisierte Meldung zum mexikanischen Cantarell-Feld: Mittlerweile steht die Decline-Rate dort bereits bei -30% per annum! Aus diesem bis vor kurzem zweitwichtigsten Förderfeld der Welt wird in weniger als 5 Jahren wirtschaftlich KEIN Öl mehr förderbar sein!

*) Auszug aus "Peak Oil = Peak Ignorance" (von Peter Boehringer; 2007)
"Abiotische Ölentstehung: Warum erwähnen wir in diesem Zusammenhang nicht die kürzlich von W. Engdahl hier im Smart Investor Magazin (Ausgabe 10/2007. S. 32) vertretene These einer "abiotischen" (also nicht-fossilen) Ölentstehung? Ohne hier darauf näher eingehen zu können - nur folgendes dazu: Man bewegt sich im Bereich der Spekulation, wobei wir tatsächlich Engdahl soweit zustimmen würden, dass es viele Indizien gibt, wonach die Schul-Lehrmeinung fossiler Ölgenese (aus Algen und organischem Material der Vorzeit) nicht haltbar ist! Insofern wäre es nicht unlogisch, eine theoretisch unendliche abiotische Neuentstehung der Ölfelder von „unten“ aus dem Erdinnern zu unterstellen. Nach einiger Recherche stehen wir aber auf dem Standpunkt, dass ein solcher Entstehungsprozess für unsere Behauptung "Peak Oil ist erreicht und nicht umkehrbar" irrelevant ist. Keinesfalls fließt u.E. abiotisch entstandenes Rohöl mit einer Rate größer 85mb pro Tag in die Felder nach. Der unter Laborbedingungen von russischen Wissenschaftlern schon vor Jahrzehnten belegte Prozess scheint so langsam ablaufen, dass er für die hier angestellte wirtschaftliche Analyse und für den Ölfördergipfel keine große Relevanz hat! "