Hinweis auf eine einerseits absolut erwartbare – und doch tiefe Systemeinblicke gewährende Meldung von heute im Print-Handelsblatt unter Bezug auf ein LeMonde-Interview von Voßkuhle (HB 2.10.2012, Seite 15, leider nicht online):

„ESM-Urteil kommt voraussichtlich später … Voßkuhle deutet längeres Verfahren in der Hauptsache an“

=> So weit war das längst klar. Das „vorläufige“ Urteil zum ESM vom 12.9. ließ einige zentrale Grundsatzfragen von Gauweiler, Schachtschneider, Reusing zB zur Kooperation der ESM-Bank mit der EZB, zu den EZB-Monetisierungen selbst und zum Demokratieprinzip klaffend offen. Diese Fragen müssen (aber was heißt bei Rechtsbeuger Voßkuhle schon „müssen“...) im Hauptsacheurteil noch irgendwie ordnungsgemäß und scheinbar rechtsstaatlich abgearbeitet werden, was in einer normalen, logischen, unabhängigen Rechtswelt mit klarem Blick auf geltendes Verfassungsrecht qua GG und AEUV ohne komplette Ablehnung von ESM und EZB-Monetisierungen fast ein Ding der Unmöglichkeit wäre.

=> Und so schrieb ich schon vor vielen Monaten im Zuge einer düsteren Vorahnung und entgegen den Verlautbarungen des Gerichts „Wir urteilen schnell!“ folgendes:
„Wahrscheinlicher ist daher ein 'Spielen auf Zeit': Lange kein Urteil, Verzögerung so lange wie möglich. Und Ende 2013/14 bzw eher 2016/17 ist dann aus ökonomischen Gründen eine Ablehnung des ESM oder eine Abgabe [der EZB-Fragen und der Art.136-Problematik] an den EuGH kein Problem mehr, da ... ausinvestiert! Karlsruhe wird Recht beugen und verzögern und damit Billionen-schwere Fakten zu Lasten Deutschlands schaffen.“

Die Rechtsbeugung ist ja bereits mit der Ablehnung der Einstweiligen Anordnungen gegen den ESM am 12.9. vollzogen worden. Nun tritt also der zweite Teil der Prognose ein (Verzögerung und Arbeitsverweigerung), den der „Nicht im Namen des Volkes“-Richter heute im Handelsblatt schon mal ankündigt. Zitat Voßkuhle:

„Wir versuchen, das so schnell wie möglich zu schaffen. Ob es uns aber gelingt, hängt von vielen Faktoren ab.“ :lalala:

=> RICHTIG abstrus wird aber dann der Folge-Absatz. Lesen Sie dieses Zitat bitte einmal, zweimal, dreimal. Es wird Ihnen nicht gelingen, darin Logik zu erkennen. Außer natürlich die Logik des lügenden Verfassungsfeindes in roter Robe (ja, das ist der mit dem Einser-Jura-Examen, der der Logik mächtig sein sollte):

Auf die Frage des Korrespondenten [von LeMonde], ob ein nationales Gericht denn über die EZB [und deren Ankündigung vom 6.9. zur offenen Staatsfinanzierung, ggf. zusammen mit dem ESM] urteilen könne, antwortet Voßkuhle: ‚Sollten wir zu dem Schluss kommen, dass es sich um eine Vertragsverletzung handeln könnte, die Rückwirkung auf das nationale Verfassungsrecht hat, würden wir diese Frage dem Europäischen Gerichtshof vorlegen.‘ “ [sic!] XX(

=> Was lernen wir hier mal wieder: Logik ist inzwischen sogar im Obersten Gericht unwichtig bzw. störend geworden. Gerade wenn nationales Verfassungsrecht tangiert ist, muss Karlsruhe natürlich selbst entscheiden und eben nicht den Fall an den EuGH verweisen (was Voßkuhle übrigens rein technisch seit sechs Monaten längst hätte tun können)!

=> Es geht nur um Zeitgewinn. Die omnipotenten und über jeglichem Recht stehenden Gouverneure des ESM und die EZB brauchen noch etwa ein bis zwei Jahre, um 3+ Billionen deutscher Bonität und Steuersubstanz „auszugarantieren“ bzw. an die Banken umzuverteilen
. Genau und nur diesem Ansinnen dient Voßkuhles Verzögerungsankündigung!

=> Alles andere sind Nebelkerzen, wobei dieses Thema natürlich ganz nebenbei auch gut in den seit Jahren andauernden Machtkampf zwischen BVerfG und EuGH passt, der dank den Voßkuhles der Welt inzwischen zugunsten des EuGH ausgehen wird *)... Die Frage der Rechtskonformität der „EZB-Monetisierungen“ wird nun also -falls überhaupt jemals- in Luxemburg und nicht mehr in Karlsruhe verhandelt werden. Entscheidung über diese Abgabe des Casus durch KA dann wohl irgendwann in 2013, Verhandlungsstart in LUX beim EUropäischen Gerichtshof des illegalen Staats namens „VEU" irgendwann 2014, Urteil dort vielleicht 2016/17! Den Rechtsstaat und die Souveränität verliert man in kleinen Scheibchen – wie die Freiheit auch!

=> Wir erleben einmal mehr den Ausverkauf der Nation – dank Selektiver Korruption der Eliten! Das Volk ist auch hier wieder einmal nicht „kollektiv korrupt", sondern unschuldig. :!:

PS: Den Begriff der „Selektiven Korruption" schreibe ich als inzwischen fast alles durchringenden Dauer-Aggregatszustand unserer Wirtschafts-, "Rechts-" und Politik-Eliten künftig immer groß - und reklamiere darauf zugleich das Copyright; ebenso wie auf den der "Kollektiven Ohnmacht" .

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*) Man lese zu dieser schon Jahre anhaltenden Frage der Gerichtshierarchie in EUropa zB auch Bruno Bandulet - auch er beschreibt eines der vielen Beispiele der Selektiven Korruption der Eliten:
Die Feinde der Verfassung sieht Bruno Bandulet in einer Schar Berliner Politiker und Winkeladvokaten, welche Karlsruhe den Garaus machen wollen, natürlich zugunsten des EuGH. Er recherchierte noch vor den 1.12.09. geradezu Unglaubliches. ‚Kommt es zum Verfassungskonflikt, muss sich Karlsruhe entscheiden: zwischen der Treue zur deutschen Verfassung und dem Machtanspruch der Eurokraten. Es sei denn, es gelänge, das Gericht in Karlsruhe ebenso zu entmachten wie die Deutsche Bundesbank beim Widerstand gegen den Euro.
Jetzt haben 35 deutsche Juristen in einer Denkschrift vom deutschen Gesetzgeber verlangt, Paragraph 13a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes zu ändern und das Gericht zu ‚verpflichten‘, im Falle eines neuen EU-Verfahrens die betreffende Frage dem EuGH vorzulegen – und überhaupt mit diesem zu kooperieren. So frech und unverblümt wurde die Unabhängigkeit des Gerichtes, das über das Grundgesetz wacht, noch nie infragegestellt‘.